Nachhaltigkeit & Digitalisierung – Barcamp Karlsruhe 20.5.17


#NCamp2017  –  http://nachhaltigkeitscamp.de/

Im Kontext des Blogs: uber work die Frage: Welche Auswirkungen hat Nachhaltigkeit auf das Arbeiten “von morgen”?

Welche Auswirkungen hat Digitalisierung auf Nachhaltigkeit – auf Geschäftsmodelle, Wirtschaft und das Zusammenleben?

Daher fand ich das 2. Nachhaltigkeitscamp in Karlsruhe am 20.5.17 sehr spannend. Veranstaltet wurde es von der Karlshochschule und der Unternehmensinitiative Fairantwortung aus Karlsruhe (http://www.fairantwortung.org/).

Das NCamp ist auch Teil der N!Tage des Nachhaltigkeits-Netzwerks Baden-Württemberg    https://www.n-netzwerk.de/n-tage/

Noch ein bisschen was zum NCamp, und dann zu den Inhalten der Sessions & dem guten Vortrag “Sustainability 4.0 und Digitalisierung”…

 

 

 

 

 

Der Kontext Nachhaltigkeit und Digitalisierung wurden aus ganz unterschiedlichen Aspekten heraus beleuchtet.

Die Veranstaltung mit geschätzt 100 Besuchern hatte eine gute Größe und war sehr liebevoll und gut organisiert! Dass die Teilnahme dann noch kostenfrei war, war sicher wichtig dafür, dass auch viele “private” Bürger gekommen sind.


Ich freue mich auch, dass mein Arbeitgeber Mitglied und Förderer von Fairantwortung und dem Nachhaltigkeitscamp ist 🙂
Das passt zu einem regionalen Unternehmen, das auch schon zum 2. Mal den Umweltpreis des Landes Baden-Württemberg gewonnen hat. Aber wir können alles noch besser machen…

Und endlich wieder ein neuer Blogpost…! Fast ein Jahr “nur” interne Wiki-Einträge zu Prozess- und Projektmanagement sowie Kulturveränderung (Verantwortung) geschrieben… aber jetzt geht’s zu den Inhalten:


“Sustainability 4.0 – Auf dem Weg in die  Mitmach-Wirtschaft”

Den Impulsvortrag zu Anfang hielt Professor André Reichel von der Karlshochschule. Der Vortrag enthielt für mich eine Reihe interessanter Zusammenhänge und Anregungen.

2017-05-20_NCamp2017_AReichel

Hier sind einige Take-aways, die ich mir für mich notiert hatte:

  • “Kern” ist Co-Kreation – nicht nur arbeitsteilige Produktion, sondern Nutzer schaffen das Produkt mit (Prosumer, Produser, …)

 

  • Der “Modus der Produktion” ändert sich in der digitalen Wirtschaft
  • Wirtschaft und (sozialer) Austausch, Meinungsbildung etc. ändern sich durch Digitalisierung

 

  • Digitalisierung ist vor allem eine soziale Änderung – die Technik ist “nur” die Basis

Was ist Nachhaltigkeit und nachhaltige Wirtschaft?

Das Nachhaltigkeitsverständnis hat sich in den letzten 100 Jahren mehrfach verändert und ist weiter gefasst worden.

  • Nachhaltigkeite = dauerhafter Erhalt der Ressourcen – aber auch globale Gerechtigkeit

 

  • Nachhaltige Wirtschaft: Triple P: Planet, People, Profit
  • Die Idee, mit Nachhaltigkeit auch Gewinne machen zu können, als Unternehmensmodell

 

  • Inzwischen langsam Anspruch als Leitidee der Menschheit,
    ein Referenzrahmen für Politik und Organisationen inkl. der Wirtschaft  – ein “Muss”-Thema

 

  • Gibt Menschen einen Sinn und “gutes Gefühl”

 

  • Kommerzielle Share-Economy (Anbieter, wachstumsorientiert)
    vs.
    Commons Economy (Gemeinschaftsorientierung, kooperativ-sozial, Suffizienz, zivil, nicht-wirtschaftlich orientiert) –
    Ersatz/Vermeidung von Neuverbrauch;
    Eigen-Aktivität,
    Selbst-Produktion

Zentrale Leitfrage für nachhaltigen Konsum und Anspruch an nachhaltige Wirtschaft:

  • Wo ist der Punkt, an dem unsere eigenen Freiheiten + Möglichkeiten maximal werden – fair und dauerhaft für alle und die Umwelt, durch die Zusammenarbeit/Austausch mit anderen?
  • Was können wir dafür tun, welche Möglichkeiten zur Umsetzung gibt es?

 

  • Egoismus vs. “Gleiche Rechte für alle”
  • Sicherheit, Sinn, “gutes Gefühl”, Gerechtigkeit…

 

  • Wie können wir alle ausreichend Ressourcen haben?
  • Wie kann es uns gut gehen? (als Mensch, aber auch als Unternehmen)

 

  • “Nachhaltigkeit als Luxus” (Kosten)?
  • “Wie viel Nachhaltigkeit können/wollen wir uns leisten?”
  • “Nachhaltigkeit für Gutmenschen?”

 

  • Die Grundlage für diese Digitalisierung legen aber globale, profitorientierte Unternehmen (Daten, Kontrolle, …?) 

 

  • Es gibt auch Ausnahmen/Gegenbeispiele wie z. B. “Fairphone”, aber bisher Nische

 

  • Wo brauchen wir (durch Staat) die “Sozialisierung” (Kontrolle) der nötigen Infrastruktur?
  • Welche Regeln + Kontrolle brauchen wir für Google, Amazon etc.? 

Session-Themen

* Entschuldigung bitte für die mieserablen Handy-Fotos *

Das war die Session-Planung:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine tüchtige Menge Teilnehmer, die Themenvorschläge hatten…

von Kreislaufwirtschaft über “Selbstoptimierung vs. Erschöpfung”, Nachhaltige Software-Entwicklung, Nachhaltige Bildung bis hin zu “Frei verfügbare Lastenräder” (was es wohl schon in über 40 Städten gibt…).

Natürlich auch “erwartete” Themen wie eMobilität, aber für mich erfreulich, dass es keine Veranstaltung war, die von Klein-Initiativen aus dem  Öko- und Entwicklungshilfebereich geprägt wäre.

Nichts dagegen, alles wichtig.

Für mich überraschend aber ebenfalls positiv war der Anteil an Themen, die sich um soziale Auswirkungen drehten: Nachhaltige Unternehmensführung, Führung im digitalen Wandel…


Nicht erwartet hatte ich auch eine gute Session zum Thema

Projektmanagement
(für Nachhaltigkeitsprojekte)

von Benjamin Bartolovic.

Die Fragestellung hier war: warum werden nicht mehr wirtschaftlich lohnende Projekte wie z. B. Energieeinsparmaßnahmen umgesetzt?
Wie könnte man das verbessern?

Für mich bisher unbekannt war das

Motivationsmodell nach H.-G. Häusel (“Limbic”):

unterschiedliche Typen/Präferenzen

 

 

 

 

Gleiche Menschen arbeiten oft nicht produktiv zusammen;
es kommt auf die Art der “Paarung” an

Gegen “Verzettelung” vor lauter guter Projektideen schlug Ben Bartolovic einen paarweisen Vergleich vor:

  • Zunächst max. 5 mögliche Projekte auswählen (A, B, C, D, E)
  • Fragen: Ist B besser A? Ist C besser als B und A, … bis E machen; dann: ist der Rest (F, G, H, …) besser als B?

Bei der Nutzenbewertung die emotionale Belohnung nicht vergessen (für Menschen sind nicht nur finanzielle oder sonstige “harte” Gründe relevant, warum sie für ein Projekt arbeiten möchten oder nicht)


Session “Nachhaltige Unternehmensführung”

Thomas Kraft, Gründer + GF Synix, IT-Haus, 60 Mitarbeiter; seit 2002

Ziel der Gründung mit zwei Bekannten damals: “der ideale Arbeitsplatz”

“Mehr Nachhaltigkeit als andere” –

  • auch nachhaltige Mitarbeiterentwicklung und -führung,
  • … Kundenbeziehungen
  • … Softwareentwicklung (open source)
  • Gegen den Branchentrend haben sie kaum Fluktuation;
  • hoher Wert: Unterstützung von Mitarbeitern mit Schwierigkeiten (z. B. psychologisch, Familie, gesundheitlich, …)
  • d. h.: fair, sicher, familiär – erzeugt Bindung von Mitarbeitern, die anderswo vielleicht nicht gehalten würden
  • nur unbefristete Arbeitsverträge
  • Wert auf Ausbildung – alle Azubis werden übernommen
  • Wert auf Praktika etc.

Nachhaltiges Wirtschaften:

  • Profit steht nicht an 1. Stelle, sondern ermöglicht die Weitergabe an die Mitarbeiter, Engagement etc.
  • Natürlich muss das Unternehmen wirtschaftlich sein
  • 80 % der Zeit auf Kundenprojekte, 20 % für persönliche Weiterentwicklung
  • es gibt keine Hierarchien (keine TL, PL, …)
  • nur selbstorganisierte Teams + die Geschäftsführung
  • keine Provisionen oder Boni – nur Festgehalt + Erfolgsbeteiligung für alle
  • Gehalt unterschiedlich nach Wochenarbeitszeit, Aufgabe + Leistung; zur Leistung gibt es Gespräche, sehr selbstkritisch
  • Basis: Ehrlichkeit (auch ggü. Kunden, z. B. bzgl. Expertise) und Vertrauen
  • Transparenz: Kunden können “ins Unternehmen rein schauen”
  • Die Software-Produkte sollen möglichst lang laufen können,
    viel Open Source
  • Wichtigster Faktor für Einstellung von Mitarbeitern:
    Leidenschaft? Und “passt der hier rein?”
  • Der Wille ist wichtiger als (heutige) Fähigkeiten

Hierarchiefreiheit:

  • Kommunikation und Probleme von Hierarchiefreiheit sind bei 60 Mitarbeitern schon schwierig;
  • man kann es nicht allen recht machen (Entscheidungen, Kommunikation, …)
  • aber Kommunikation ist entscheidend
  • 150 Mitarbeiter hält Hr. Kraft ohne Hierarchien nicht für machbar
  • Vergleich: Firma “Code Centric” bildet bei 50 Mitarbeitern neue, unabhängige Standorte

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